Weniger denken. Besser trainieren.
Das große Spannungsfeld in dem sich viele von uns befinden, egal ob Coaches oder Athleten ist: Wieviel Detailwissen muss in meinen Trainingsplan einfließen?
Ich sehe es selbst oft, wenn Athleten zu mir kommen:
Viele ambitionierte Trainierende stagnieren – nicht, weil sie zu wenig wissen, sondern weil sie sich im Detail verlieren. Sie feilen an der Atmung bei jeder Übung, optimieren Reps-in-Reserve oder suchen nach den optimalen Gelenkstellungen. Klingt smart. Führt aber selten zu echten Fortschritten. Kein klarer Fokus. Keine greifbaren Resultate.
Tatsächlich hat mich vieles in der Arbeit als Coach, der Arbeit mit Menschen und der Suche nach Wissen (und dem Verlangen, die Qualität von letzterem beurteilen zu können) oft zur Philosophie gebracht. Ja hätte ich so auch nicht erwartet, doch wenn es darum geht zu verstehen was Wissen wirklich ist und wie man die Logik von Argumenten anderer ( auch vermeintlicher) Experten beurteilt, dann landet man hier. Im theoretischen Teil der Philosophie. Aber es gibt auch sehr praktische Bereiche, wie den Stoizismus, der deshalb auch eine absolute Beliebtheit erfährt.
Und hier kann uns Philosophie beim Training weiterhelfen.
Theorie vs. Praxis – und warum der Stoizismus so wirksam ist:
Die theoretische Philosophie stellt die großen Fragen: Was ist Wahrheit? Wie funktioniert Denken? Sie schafft Grundlagen – wie die Trainingswissenschaft.
Die praktische Philosophie fragt: Wie handle ich richtig? Wie gehe ich mit Stress, Zielen, Rückschlägen um? Sie liefert Prinzipien für den Alltag.
Und genau deshalb ist der Stoizismus so beliebt: Er bringt Klarheit – in einem komplexen Leben. Kein Overthinking. Sondern Handlungsorientierung.
Dabei geht man von den theoretischen Grundlagen aus, man vergisst das Detail also nicht, und arbeitet sich dann zu konkreten Techniken und Heuristiken vor.
Was das mit Training zu tun hat:
Auch im Training geht es nicht darum, alles zu verstehen. Sondern das Richtige umzusetzen.
Wenn du als Ausdauerathlet deine VO2max nicht messen kannst, also nicht zur Steuerung Deines Trainings nutzen kanst, aber deine Pace über 10 km regelmäßig trackst – dann ist Letzteres der bessere Kompass.
Fortschritt zeigt sich im Output. Nicht in der Komplexität deiner Analyse. Natürlich gilt es den Output zu verstehen, dafür braucht es ein zunehmendes Wissen. Aber gerade Trainierende oder junge Coaches fahren sehr viel besser, wenn sie sich auf das fokussieren, was sie wirklich beurteilen können - und nebenbei mehr Wissen aufbauen.
Theorie ist hilfreich – aber nur, wenn sie dich handlungsfähiger macht.
Der Oldschool Coach
Es gibt viele Oldschool Coaches und Trainees gibt, die vermeintlich auf der Seite agieren, die ich soeben als positiv beschrieben habe.
Mach die Basics (Squat, Bench, Deadlift, Overhead Press, Chin up…) und werd einfach stark.
Arbeite an deiner Ausdauer im Herzfrequenzbereich <80%(200-Alter)
Diese und ähnliche Aussagen finden wir überall. Sie sind weder falsch noch richtig, könnten aber in einfache Heuristiken umgewandelt werden:
Wenn du mit den Basics arbeitest, ist eine erfolgreiche Wiederholung nur eine mit guter Technik.
Wenn Du mit den Basics arbeitest, dann nutze Übungen, die deren Defizite asugleichen als Zusatz.
Wenn Du Deine Ausdauer im Herzfrequenzbereich <80%(200-Alter) entwickelst, mache im Verhältnis 1:3 eine Einheit mit höherer Intensität (>80%(200-Alter)
Gemäß der Erkenntnis von Einstein man solle Dinge zwar simpel machen, aber eben nicht zu simpel, kann man diese einfachen Aussagen immer betrachten:
Wenn etwas zu einfach ist, dann ist es immer auch blind gegenüber einem Problem.
Einfache Heuristik:
Wenn Du eine sehr simple Aussage findest, suche nach ihrem blinden Fleck und Du wirst eine solide Anweisung haben.
Ausblick: Im nächsten Teil widmen wir uns dem Evidence Based Coach oder wie man sich die Wissenschaft WIRKLICH zu Nutze macht. Für besseres Training, bessere Ergebnisse und so, dass es wirklich interessant wird.
Sebastian
Sehr schöner Denkanstoß.
Danke.
Super auf den Punkt gebracht.